In meiner Zeit als Gemeindepfarrer kam eines Tages eine Konfirmandin zu mir
mit sichtbar schlechtem Gewissen. Irgendetwas bedrückte sie. Unsere Kirche
lag etwas ausserhalb des Dorfes und Stefanie hatte die Aufgabe, bei
Beerdigungen zur Kirche zu laufen und zu Beginn der Trauerfeier auf dem
Friedhof die Glocken der Kirche zu läuten. Deshalb hatte sie auch einen
Kirchenschlüssel zu Hause. Die Nachbarin von Stefanie war unsere Küsterin
und über sie ist Stefanie auch zu diesem kleinen Nebenverdienst gekommen.
Also, eines Tages stand sie vor mir und druckste herum und schließlich
sprudelte es aus ihr heraus. "Ich habe Jessie getauft. War das falsch? Was
sagt Gott bloß dazu?" Jessie war ein gutmütiger Labradorrüde und der beste
Freund von Stefanie. Stefanie war ein sehr intelligentes und sehr sensibles
Mädchen. Und oft alleine. Der Hund war ihr Ein und Alles und der treue
Begleiter an ihrer Seite. Ihm vertraute sie ihre Träume an. Er schlief bei
ihr nachts neben dem Bett, ihm erzählte sie ahre kleinen und großen
Lebensgeheimnisse. Es stellte sich heraus, dass sie eines Tages Jessie
mitgenommen hatte zum Läuten. Nach dem Beerdigungsläuten hat sie mit allem
Drum und Dran entsprechend der "Nottauf-Liturgie" aus dem Evangelischen
Gesangbuch am Taufbecken unserer Kirche ihren Hund getauft. Nun hatte sie
Gewissensbisse.
Ich finde, wir können von Stefanie lernen. Nicht dass wir jetzt alle unsere
liebgewonnenen Haustiere zur Taufe bringen. Aber mir hat imponiert, dass
dieses Konfirmandenmädchen voller Vertrauen, das Allerliebste ihres Lebens
in Gottes Hände und Obhut gegeben hat und dafür auch grobe Regelverletzungen und möglicherweise entsprechende Konsequenzen in Kauf genommen hat.
Sind wir zu solch einer Tat in der Lage? Wie sieht es bei Ihnen aus? Geben
wir noch unser Allerliebstea und Allerwichtigstes in Gottes Obhut und in
Seine Hände? Der Lebenspartner, die Kinder, die Schüler, die Arbeit, die
Kirche, die Arbeit im Verein, die Eltern, was wäre es bei Ihnen? Reden Sie
mal mit Ihren Schülerinnen und Schülern über diese Geschichte.
Stefanie hat ihren Hund getauft. Ohne ihn hat sie sich ihr Leben nicht
vorstellen können. Das hat sie Gott anvertraut. "Danach hat es sich besser
angefühlt", hat sie gesagt. Das habe ich von ihr gelernt.
Ihr
Uwe Martini
Direktor RPZ Schönberg
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